Der gesunde Darm ist Grundlage für unser Wohlbefinden.
Ein Karzinom kann an allen Schleimhautabschnitten des Darms auftreten. Dick- und Mastdarm sind
jedoch innerhalb des Magen-Darmtraktes am häufigsten befallen. Die meisten Karzinome des
Darmes entstehen in den letzten 30 cm, also in Mastdarm und Sigma. Darmkrebs ist in
Deutschland bei Frauen die zweithäufigste Krebsart, bei Männern ist es die dritthäufigste
Krebserkrankung (70.000 Menschen erkranken pro Jahr neu). An Darmkrebs sterben in
Deutschland jährlich etwa 20.000 Menschen. In den USA treten 51 Neuerkrankungen pro 100.000
Einwohner pro Jahr auf.
Weshalb diese Erkrankung beim einzelnen entsteht, ist nicht restlos geklärt. Eine gewisse erbliche
Komponente scheint jedoch immer vorzuliegen. Im Alter tritt Darmkrebs häufiger auf als bei jungen
Menschen, aber jüngere Menschen sind nicht automatisch vor Darmkrebs geschützt. In einer 2005
erschienen Analyse wurde bei Patienten, die sich viel körperlich bewegen, ein vermindertes
Auftreten von Kolonkarzinomen gezeigt. Allerdings konnte diese Studie in einem größeren Veruch
nicht eindeutig bestätigt werden. Seltene Ursache kann in speziellen Fällen die Bestrahlung eines
Prostatakarzinoms sein. Nach der Bestrahlung dieses Karzinoms ist das Risiko für ein
Rektumkarzinom auf das 1,7fache erhöht. Nach dieser Behandlung ist also die Kontrolle des
Enddarms in kurzen Abständen notwendig.
Ein "Darmkrebs" entsteht aus Vorstufen, sogenannten Polypen. Bei der Entstehung der Polypen
handelt es sich um ein Geschehen, welches mehrere Ursachen hat. Scheinbar ist die Ernährung
mit viel Fett, vor allem mit gesättigten Fettsäuren (tierische Fette) ein auslösender Faktor für die
Entstehung von Polypen und Darmkrebs. Dagegen sollen ungesättigte Fette (in Fischen) und
faserreiche Nahrungsmittel einen schützenden Einfluss haben. Dazu passt eine Studie, in der
Menschen mit einem hohen Verzehr von rotem Fleisch ein erhöhtes Darmkrebsrisiko hatten und
Menschen mit hohem Fischverzehr ein verringertes Risiko hatten, an Darmkrebs zu erkranken.
Andererseits konnte eine Studie aus den USA, die fettarme Ernährung gegen fettreiche Ernährung
untersucht hatte, keinen Unterschied in der Häufigkeit der Darmkrebsentstehung nachweisen. Eine
ausgewogene Ernährung ist aber in jedem Fall zu empfehlen. In den letzten Jahren hat sich der
schützende Einfluss von Acetylsalizylsäure nachweisen lassen. Die Entstehung von Polypen kann
damit vermindert werden. Allerdings sollte vor einer ständigen Einnahme dieses Medikamentes ein
Arzt kontaktiert werden, da die Nebenwirkungen beträchtlich sein können. In den Vereinigten
Staaten wird bereits jetzt von einigen Wissenschaftlern die Einnahme dieser Medikamente als
Schutz vor Darmkrebs empfohlen. Eine mit der Acetylsalicylsäure verwandte Medikamentengruppe,
die COX-2-Hemmer besitzt ebenfalls eine schützende Wirkung vor der Entwicklung eines
Darmkrebses.. Bei der Langzeitgabe eines dieser Medikamente wurde jedoch ein vermehrtes
Auftreten von Herzerkrankungen festgestellt. Bei Patienten mit Herzerkrankungen sollten diese
Medikamente nicht eingesetzt werden und auch bei Patienten ohne bekannte Herzerkrankung ist
die Langzeitwirkung zu vermeiden. Auch Kalzium und Folinsäure sollen einen schützenden Einfluss
vor Darmkrebs haben.
Mehrere Mutationen, die mit dem Auftreten von Darmkrebs in Zusammenhang stehen, wurden
bereits entdeckt. Um den Darmkrebs entstehen zu lassen, müssen also mehrere genetische
Schritte, die zu einer nicht mehr korrekten genetischen Information führen, in einer
Schleimhautzelle hintereinander ablaufen. Deshalb dauert die Entwicklung des Krebses relativ
lange (10-15 Jahre nach Entstehen eines Polypen) und kommt auch nicht in jedem Polypen vor.
Die Mutationen können neu auftreten oder als erbliche Belastung bereits vorliegen. In einigen
Familien tritt Darmkrebs häufiger auf (hier wird die erbliche Belastung sehr oft klar nachgewiesen),
da mindestens die erste Mutation bereits seit der Geburt besteht. In diesen Familien tritt Darmkrebs
schon vor dem 45. Lebensjahr auf oder sehr viele Verwandte sind an Darmkrebs erkrankt. Die
Mitglieder dieser Familien werden bereits viel früher untersucht und bei Bestätigung der Mutation
wird die koloskopische Überwachung sehr viel häufiger als in der Bevölkerung ohne Mutation
vorgenommen. In Deutschland sind etwa 2 % der kolorektalen Karzinome durch eine familiäre
Erkrankung bedingt. Inzwischen stehen auch Bluttests zur Verfügung, welche die Mutation direkt
nachweisen. Wenn der Bluttest negativ ist, sind die häufigen Überwachungen nicht notwendig. Das
Risiko der Menschen dieser Familien mit negativem Bluttest ist so hoch, wie bei Menschen, die
nicht aus Risikofamilien stammen. Die Erkrankung kann dann auch nicht an deren Kinder
weitergegeben werden.
Auch entzündliche Darmkrankheiten beinhalten ein erhöhtes Darmkrebsrisiko. Die ständige Teilung
und Erneuerung der Zellen sorgt für ein häufigeres Auftreten von Mutationen, so dass die Schritte
bis zur Entartung in mehr Zellen gleichzeitig ablaufen können. Auch aus diesem Grund werden
Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen häufiger koloskopiert.
Wenn man Polypen entdeckt und mittels Koloskopie entfernt (Polypektomie), bevor sich bösartige
Zellen entwickelt haben, oder wenn die bösartigen Zellen sich noch innerhalb des Polypen
befinden, ist man geheilt. Deshalb ist die koloskopische Vorsorgeuntersuchung unbedingt zu
empfehlen. Die Vorsorgeuntersuchungen beinhalten die jährliche Untersuchung des Stuhlgangs auf
unsichtbares Blut ab dem 45. Lebensjahr und die Koloskopie ab dem 55. Lebensjahr und eine
Nachfolgekoloskopie nach 10 Jahren. Diese Untersuchungen werden von den Krankenkassen
bezahlt, ohne dass der Verdacht auf eine Krebserkrankung oder auf das Vorhandensein von
Polypen besteht.
Die ersten Symptome sind Blutauflagerungen auf dem Stuhl. Diese sollten unbedingt zum Arzt
führen. Auch Veränderungen bei den Stuhlganggewohnheiten, der Konsistenz des Stuhls, auch
Schmerzen im Bauch, die anderweitig nicht erklärbar sind, können Symptome sein. In seltenen
Fällen ist das Karzinom so groß, dass es einen Darmverschluss hervorruft. Sehr selten kommen
Darmwanddurchbrüche vor. Ein Zeichen kann auch die ständige Blässe und Blutarmut sein.
Ungewollter Gewichtsverlust und Leistungsminderung können ebenfalls zur Diagnose führen.
Leider machen Karzinome, die am Anfang des Dickdarms (in der Nähe des Wurmfortsatzes - siehe
Anatomie) liegen, noch seltener Beschwerden und sind bei Beschwerden schon weit
fortgeschritten. Auch deshalb ist eine Vorsorgeuntersuchung ausgesprochen wichtig und sollte
wahrgenommen werden.
Beim Bemerken der Symptome sollte ein gastroenterologisch tätiger Arzt aufgesucht werden, der
mittels Darmspiegelung Veränderungen im Dick- und Mastdarm erkennen wird. Durch eine
Probeentnahme und die histologische Untersuchung ist auch zweifelsfrei die Art der Veränderung
zu klären. Wenn die Diagnose festgestellt ist, werden noch weitere Untersuchungen durchgeführt.
Immer wird eine Ultraschalluntersuchung des Bauches vorgenommen. Diese Untersuchung ist
schmerzfrei, muss aber im nüchternen Zustand erfolgen. Die Röntgenaufnahme des Brustkorbes
ist ebenfalls immer angezeigt. Eine Blutentnahme muss ebenfalls sein, um eventuelle
Tumormarker und den Gesamtstatus des Körpers herauszufinden. Computertomographie
und/oder Magnetresonanztomographie sind in der Regel ebenfalls notwendig.
Wenn ein Karzinom nachgewiesen wurde, schließt sich eine Operation an, die in unserer Klinik in
Schlüssellochtechnik (minimalinvasiv, laparoskopisch) erfolgt. Seit 2009 ist klar, dass die
Heilungschancen nach einer laparoskopischen Operation weder bei einem Dickdarmkarzinom
noch bei einem Enddarmkarzinom kleiner sind als bei einer offenen Operation. Voraussetzung ist
eine fundierte Erfahrung der Operateure. Dann bestehen sogar Überlebensvorteile, weil weniger
Komplikationen auftreten.
Das karzinomtragende Teilstück des Darmes wird mit einem Sicherheitsabstand, den
versorgenden Blutgefäßen und den zugehörigen Lymphknoten entfernt. Danach werden die
Darmenden wieder miteinander vereinigt. Falls der Tumor sehr tief sitzt, muss der komplette
Mastdarm mit dem After entfernt werden. In diesen Fällen ist die Anlage eines Kunstafters
notwendig. Dieser kann nicht mehr zurückverlegt werden. Häufiger befindet sich das Karzinom so
weit entfernt vom After, dass dieser erhalten werden kann. Unter Umständen muss jedoch für die
Zeit von 3 bis 6 Monaten ein künstlicher Darmausgang angelegt werden, um die Verbindung der
Darmanteile während des Verheilens miteinander zu schützen. Während der Operation kann in
den meisten Fällen der gesamte Bauch untersucht werden. Eventuelle Zusatzerkrankungen oder
auch Absiedlungen des Tumors können erkannt werden, so dass die genaue Entscheidung über
die nötigen Schritte erst während der Operation getroffen werden kann.
Am Tag der Operation können unsere Patienten bereits Tee und Joghurt bekommen und sollen
das Bett das erste Mal verlassen. Nach drei Tagen beginnt der Kostaufbau, der den Darm wieder
an seine normale Tätigkeit gewöhnt. Bei einem optimalen Verlauf dauert der
Krankenhausaufenthalt bei uns 7 Tage nach der Operation.
Inzwischen wird der feingewebliche Befund des Tumors fertiggestellt (Klassifikation). Anhand der
Tumorausdehnung, des Lymphknotenbefalls und des Befalls anderer Organe wird die
Weiterbehandlung festgelegt. In unserer Klinik und anderen Kliniken beraten in der
Tumorkonferenz Ärzte verschiedener Fachrichtungen über die beste Weiterbehandlung und
empfehlen das weitere Vorgehen. In unserer Klinik ist ein interdisziplinäres Tumorteam, welches
sich aus Chirurgen, Gynäkologen, Hautärzten, Internisten, Onkologen, Pathologen, Radiologen,
Strahlentherapeuten, ambulant tätigen Ärzten, Psychoonkologen und weiteren Spezialisten
zusammensetzt, installiert. Alle Befunde der Tumorpatienten werden hier besprochen und die
geeignete Behandlung wird beraten und empfohlen. Unter Umständen kann sich bei Darmkrebs
eine Chemotherapie oder eine Bestrahlung an den postoperativen Verlauf anschließen. Eine
Rehabilitationskur wird in der Regel im Anschluss oder zwischenzeitlich empfohlen.
Über den gesamten Klinikverlauf mit den zugehörigen Befunden und Berichten und den
Ansprechpartnern wird eine "Darmkrebsmappe" erstellt, die den Patienten mitgegeben wird und
durch die die Information der Patienten und aller Therapeuten erleichtert wird.
Nach der Rehabilitation schließt sich ein über fünf Jahre laufendes Überwachungsprogramm an,
welches zum Ziel hat, das eventuelle Wiederauftreten des Tumors oder eine Metastasierung
rechtzeitig zu entdecken und zu behandeln. Insbesondere körperliche Untersuchung,
Laboruntersuchungen, Ultraschall und Koloskopie werden durchgeführt. In einigen Fällen kann ein
"Tumormarker" (CEA) die Diagnostik weiter verfeinern. Das gelingt jedoch nur, falls der
Tumormarker schon vor der ersten Operation positiv war, das heißt, wenn er bereits zu diesem
Zeitpunkt erhöht war.
Sollten Metastasen oder das erneute Auftreten des Tumors entdeckt werden, wird die Diagnostik
weiter verfeinert und es wird das weitere Vorgehen festgelegt. In vielen Fällen lässt sich der Tumor
oder die Metastase erneut operieren oder wird mit einer Chemotherapie behandelt. Die häufigsten
Metastasen beim Darmkrebs sind Lebermetastasen. Lebermetastasen entstehen bei 25 % der
Darmkrebspatienten. Da die Leber ein sehr anpassungsfähiges Organ ist, können viele
Lebermetastasen operativ entfernt werden, sie können durch eine Chemotherapie verkleinert
werden, es gibt die Möglichkeit der Zerstörung der Lebermetastasen durch hochfrequente
Strahlung (RIA - ähnlich einer Mikrowelle), durch spezielle Laserstrahlung (LITT) und durch
Vereisung (Kryotherapie). Diese Verfahren können zusätzlich oder allein in einer Operation
angewandt werden, sind bei einem günstigen Sitz der Metastase auch laparoskopisch anwendbar.
Die Chemotherapie-Verfahren unterliegen einer ständigen Veränderung und Verbesserung.
Inzwischen sind die ersten Chemotherapeutika auf dem Markt, die als Tablette eingenommen
werden können. Spezielle Stadien des Darmkrebses werden mit einer angepassten
Chemotherapie behandelt. Die Verträglichkeit der Medikamente bei Darmkrebs wurde deutlich
verbessert.
Die Heilungsraten für ein Kolonkarzinom wurden entscheidend verbessert. Die 5-Jahres-
Überlebensraten haben auf 50% aller Patienten zugenommen. Je eher die Erkrankung entdeckt
wird, desto besser sind die Heilungschancen (Stadium I: über 90%). Aber auch ausgedehnte
Karzinome lassen sich unter günstigen Umständen komplett heilen.
Die Forschung arbeitet mit Hochdruck auf verschiedenen Gebieten, um die Therapien gegen
Darmkrebs noch wirksamer zu machen.
Bei einem Rektumkarzinom gelten spezielle Regeln für die Behandlung, da die räumlichen
Verhältnisse im kleinen Becken stark unterschiedlich zur Umgebung des Dickdarmes sind. Durch
diesen Umstand ist die Operation eines Rektumkarzinoms nicht nur schwieriger, sondern es treten
mehr Komplikationen und auch mehr Rezidive (erneutes Auftreten des Karzinoms in der Region)
auf. Für die Behandlung des Rektumkarzinoms ist ein erfahrenes Ärzteteam von Vorteil.