Der gesunde Darm ist Grundlage für unser Wohlbefinden.
Unter Inkontinenz versteht man die Undichtigkeit eines Sphinktersystems (Harnblasensphinkter,
Anus) für die jeweiligen Sekrete. Die anale Inkontinenz ist also die gestörte Fähigkeit, Darminhalt
zurückzuhalten.
Zur Inkontinenz kann es auf verschiedene Weise kommen. Die größte Rolle spielen nervale
Läsionen, die sich im Gehirn und Rückenmark (zentrale Störung) oder in den Nervenfasern, die zu
den Sphinktern ziehen (periphere Störung) befinden können. Außerdem können Verbindungen der
Reservoire (Blase, Mastdarm) zur Umgebung (Haut, Harnröhre, Scheide), sogenannte Fisteln, zur
Undichtigkeit führen. Seltener findet sich die Ursache der Inkontinenz in einer Zerstörung der
abdichtenden Muskulatur. Recht häufig ist eine Inkontinenz auf Grund der Absenkung des
Beckenbodens im Zuge einer Beckenbodeninsuffizienz.
Die anale Inkontinenz wird nach der Unfähigkeit für das Halten von Luft, flüssigem Stuhl und
festem Stuhl sowie der Häufigkeit der unwillkürlichen Stuhlabgänge in verschiedene
Schweregrade eingeteilt. Ein Patientenfragebogen zur Vorbereitung der Vorstellung beim Arzt
kann hier abgerufen werden.
Mit zunehmendem Alter wird die anale Inkontinenz häufiger. Die Ursache ist hier meist in einer
Regulationsstörung innerhalb der versorgenden Nerven zu finden. Bei Operationen und
Verletzungen im Beckenbereich kann es zu Zerstörungen der Sphinktermuskulatur kommen, die in
der Unfähigkeit des Analverschlusses münden. Zusätzlich können hier Defekte auftreten, die nicht
komplett ausheilen und eine Fistel verursachen. Auch chronische Entzündungen (Morbus Crohn,
Abszesse) können zu einer Fistel führen und so eine Inkontinenz verursachen.
Die Inkontinenzdiagnostik ist ausgesprochen komplex, da mehrere Faktoren (sensorische, nervale
und muskuläre Funktion, pathologische Veränderungen der Schleimhaut, psychogene Ursachen)
berücksichtigt werden müssen. Die Untersuchungen sind aufwendig und umfassen ein breites
Spektrum von klinischer Untersuchung (Inspektion und Austastung der Analregion, Rektoskopie),
bildgebender Untersuchung (Ultraschall, endoskopischer Ultraschall,
Magnetresonanztomographie, Röntgen des Mastdarms mit Kontrastmittel) und
Funktionsuntersuchung (Manometrie, Defäkographie, Elektromyographie). Erschwerend kommt
zur komplexen Diagnostik die oft ungenaue Angabe der Betroffenen über die eigentliche
Inkontinenz dazu. Deshalb sollte ein Stuhltagebuch geführt werden. Sie können das
Stuhltagebuch hier herunterladen und frei verwenden.
Wichtig ist eine Verhaltensumstellung zur Behandlung. Der Stuhlgang sollte möglichst täglich zur
selben Zeit erfolgen. Außerdem sollten bestimmte Speisen gemieden werden.
Im Falle von Fisteln kann eine spontane Ausheilung nach dem Sanieren der Entzündung
abgewartet werden. Hierzu wird für die Dauer von 3 bis 6 Monaten ein künstlicher Darmausgang
angelegt, der nach Abheilung der Fistel oder 3 Monate nach operativer Sanierung wieder
zurückverlegt wird. In seltenen Fällen wird die Fistel sofort komplett entfernt.
Bei neurogener Störung kann, falls eine Restaktivität der Nerven besteht, das Training der
Sphinkter- und Beckenbodenmuskulatur mit mechanischen oder elektrischen Hilfsmitteln
durchgeführt werden (Biofeedback-Therapie).
Bei Störungen, die aus einem Defekt der Sphinktermuskulatur herrühren, kann die Rekonstruktion
des Muskels versucht werden. Häufig bildet sich eine Inkontinenz nach analen Eingriffen im Lauf
der Zeit zurück. Falls die Zerstörung so hochgradig ist, dass keine Naht der Muskulatur
durchgeführt werden kann, ist die Ersatzplastik der Analmuskulatur möglich. Dieses sehr
aufwendige Verfahren kann jedoch nur in einigen hochspezialisierten Kliniken durchgeführt
werden und hat eine Versagerquote von ca. 50%. In einigen Fällen ist auch die Implantation eines
aufblasbaren Ringes möglich, der die Funktion des Sphinkters übernimmt. Die Steuerung dieses
Ringes wird durch einen Ballon im Schambereich vorgenommen.
In allen Fällen der analen Inkontinenz, in denen die o.g. Maßnahmen keinen Erfolg zeigen, sollte
das Anlegen eines endgültigen künstlichen Darmausgangs überlegt werden.
Ein Stufenschema zur Diagnostik der analen Inkontinenz wurde zusammengefasst veröffentlicht.